Schlaf gut – alles gut?
Wohlbefinden und Schlaf hängen eng zusammen – Schlafstörungen und Erkrankungen ebenfalls. Faszinierende Erkenntnisse, wie der Schlaf ein Fenster zum Gehirn darstellt und wie der Wechsel zwischen Wachheit und Schlaf bei der Verhütung und Behandlung von seelischen Störungen helfen kann, wurden Ende November 2019 im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie in Berlin berichtet.
Unser Körper im Schlaf
Nachts sind demzufolge nicht nur alle Katzen grau, sondern es verringern sich auch Parameter wie Körperkerntemperatur (gegen drei Uhr früh bei 34°) und systolischer Blutdruck (gegen zwei Uhr bei 80 mm Hg). Gegen vier Uhr morgens geweckt entspricht unsere Wachheit durchschnittlich der, die wir bei einem Blutalkoholspiegel von 1,5 Promille um 22 Uhr haben. Die Erddrehung relativ zur Sonne steuert unsere Wahrnehmung des Wechsels von Helligkeit und Dunkelheit; völlig Blinde ermangeln der darauf spezialisierten Zellen in der Augen-Netzhaut und haben entsprechend unsynchronisierte Rhythmen von Temperatur, Blutdruck und Wachheit. Physiologisch ist der Schlaf bei schwangeren Frauen und nach dem Gebären verkürzt und oftmals durch unruhige Säuglinge fragmentiert, was zum Risiko der Entwicklung einer Erschöpfung bis zu einer perinatalen Depression beiträgt. Und diese kann werdende und junge Väter mit anstecken.
Schlafstörungen als gemeinsames Symptom
Jede und jeder vierte stationär psychiatrisch behandelte Patientin und Patient leidet am Schlaf-Apnoe-Syndrom (SAS), das zu erholungsarmem Schlaf mit Tagesmüdigkeit führt. Schlafstörungen sind das gemeinsame Symptom von Depression, Schizophrenie, Suchterkrankungen und vielen weiteren seelischen Erkrankungen. Gestörter Schlaf ist auch an der Entwicklung der koronaren Herzkrankheit beteiligt.
Die entscheidende Frage: «Wie hast du geschlafen?»
Die Antwort auf die Frage, wie der Kranke geschlafen hat, hilft dabei, Behandlungen dem Erkrankungsverlauf anzupassen. Im schlafenden Gehirn werden Emotionen und Informationen des Tages verarbeitet, Energiereserven erneuert, Gedächtnis konsolidiert, Abfallprodukte entfernt. Ausgeschlafene kranke wie gesunde Menschen können neue Lösungen für komplexe Probleme finden, erinnern sich an Positives besser als an Negatives und zeigen einen Rückgang allfälliger paranoider und halluzinatorischer Symptome.
Unterstützung und Therapie für ruhigen Schlaf
Wann und wie lange wir schlafen, hängt vom Einfluss des Lichts auf unsere biologische Uhr, aber auch von weiteren Taktgebern, also sozialen Umständen wie Arbeit und Familie sowie dem Konsum von Koffein, Alkohol, Nikotin und illegalen Drogen ab. Während beim SAS die nächtliche Überdruckbeatmung hilft, haben Schlafmittel bei den übrigen Schlafstörungen allenfalls kurzfristig einen Platz und sind für einen Zeitraum von länger als vier bis sechs Wochen nicht zugelassen. Schlafhygiene und internetgestützte Behandlungen wie die mittlerweile krankenkassenunterstützte Therapie unterstützen uns nebenwirkungsärmer und nachhaltiger dabei, in himmlischer Ruh zu schlafen.